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Wieviel Unterhalt muss für ein Kind bezahlt werden?

Die Familienformen ändern sich. Heute leben rund 20% aller Kinder in einem Einelternhaushalt oder einer
Patchworkfamilie und die Unterhaltbeiträge werden in einem von der KESB oder dem Gericht genehmigten
Unterhaltsvertrag oder per Gerichtsurteil geregelt. Die verschiedenen Konstellationen und der Ermessensspielraum
führen dazu, dass nicht allgemein gesagt werden kann, welcher Unterhaltsbeitrag „richtig“ ist.
Im Verfahren betreffend Kinderunterhaltsbeiträge müssen Gerichte den Sachverhalt von Amtes wegen abklären
und sie sind nicht an die Anträge der Eltern gebunden. Der Unterhaltsbeitrag deckt sowohl den Barbedarf
des Kindes als auch die Gewährleistung der Betreuung. Beide Eltern müssen gemeinsam und abhängig von ihrer
Leistungsfähigkeit für den Kinderunterhalt sorgen. Die Gerichte berechnen den Barunterhalt nach den Richtlinien
der Betreibungsämter (Grundbetrag für Kind über 10 Jahre CHF 600, Wohnkostenanteil, Krankenkassenprämie
abzüglich Prämienverbilligung, Steueranteil und je nach Leistungsfähigkeit Überschussanteil). Bei den Wohnkosten
wird der effektive Mietzins aufgeteilt auf alle im gleichen Haushalt lebenden Personen, z.B. 70% Mutter und 30% für 2 Kinder.
In einer Patchworksituation hat das Bundesgericht kürzlich folgende Aufteilung der Wohnkosten als angemessen
bezeichnet: 30% für 3 Kinder aus 1. Ehe, 10% für das 4. Kind mit dem neuem Lebenspartner, 30% für die Mutter und
30% für den Lebenspartner. Die Krankenkassenkosten sind in der Regel ausgewiesen. Die Berechnung der Steueranteile
der Kinder kann komplex werden, ist aber namentlich bei höheren Einkommen durchaus relevant.
Mit dem Betreuungsunterhalt werden die (indirekten) Kosten abgegolten, die ein Elternteil hat, weil er aufgrund der
persönlichen Betreuung eines Kindes seinen Lebensunterhalt nicht durch eigenen Arbeitserwerb finanzieren kann.
Auch dies wird aufgrund der konkreten Situation berechnet. Vom Bedarf des betreuenden Elternteils
(Grundbetrag CHF 1‘350.00, Wohnkostenanteil, Krankenkasse, Steuern etc.) wird sein Einkommen abgezogen und die
Differenz ist grundsätzlich der Betreuungsunterhalt. Gemäss Rechtsprechung wird vom betreuenden Elternteil
ab Schuleintritt des jüngsten Kindes ein 50%-Einkommen erwartet, ab Oberstufe 80% und ab 16. Altersjahr 100%.
Über fast jede Ausgabe- oder Einnahmepositition kann natürlich diskutiert werden, weshalb Gerichte und Anwältinnen
in der Regel Berechnungstools verwenden. Idealerweise einigen sich Eltern mit anwaltlicher und/oder richterlicher
Unterstützung und vermeiden so kostenintensive und nervenzehrende Prozesse.

 

Elsbeth Aepli, lic.iur., Rechtsanwältin, Fachanwältin SAV Familienrecht, Anwaltsbüro Schlatter Aepli Partner, Kreuzlingen
(publiziert als Anwaltstipp in Thurgauer Zeitung vom 25.01.2022, S. 22)

 

 

Wie kann ich meinen Ehepartner im Falle meines Todes begünstigen?

Häufig haben Ehegatten oder eingetragene Partner den Wunsch, den überlebenden Partner im Falle des Todes
bestmöglich zu begünstigen. Die Kinder treten dabei einen Schritt zurück und werden erst nach dem Ableben
des zweiten Elternteiles stärker berücksichtigt. 

Ohne Ehevertrag unterstehen alle Ehepaare automatisch der Errungenschaftsbeteiligung. Bei der Auflösung der Ehe
durch Scheidung oder Tod ist eine Aufteilung des gemeinsamen Vermögens vorzunehmen. Das gesamte während
der Ehe ersparte Nettovermögen eines Ehepaares stellt dabei grundsätzlich den Vorschlag dar, welcher bei derAuflösung
der Ehe hälftig zu teilen ist. Im Todesfalle bilden die Hälfte des Vorschlags sowie das Eigengut des Verstorbenen den
unter den erbberechtigten Personen zu teilenden Nachlass. 

Ohne Ehevertrag und/oder erbrechtliche Regelung ist dieser Nachlass zwischen den Nachkommen und dem
überlebenden Ehegatten hälftig zu teilen. Gerade wenn das Hauptaktivum die gemeinsam bewohnte Liegenschaft
darstellt, kann eine Auszahlung den überlebenden Ehegatten finanziell stark belasten. Zur Vermeidung finanzieller
Engpässe stellen das eheliche Güterrecht sowie das Erbrecht etliche Instrumente zur Verfügung.

Generell ist es am einfachsten, durch einen öffentlich zu beurkundeten Ehevertrag die Beteiligung am Vorschlag abzuändern.
Diese Abänderung kann so weit gehen, dass im Falle des Todes eines Ehegatten dem überlebenden Ehegatten der
gesamte Vorschlag (Meistbegünstigung) zukommen soll. Der überlebende Ehegatte erhält somit vorerst den ganzen 
Vorschlag und nur das Eigengut des Erblassers fällt in den zu teilenden Nachlass (Erbschaft). 

Eine Vereinbarung über die Vorschlagszuweisung ist allerdings für den Fall einer Scheidung nur dann gültig,
wenn dies im Ehevertrag ausdrücklich so bestimmt wurde. Die Abänderung der Vorschlagsbeteiligung ist in Ehen
mit gemeinsamen Kindern unproblematisch. Sind nicht gemeinsame Kinder vorhanden, kann die Beteiligung am
Vorschlag nur insoweit abgeändert werden, als die Pflichtteilsansprüche der nichtgemeinsamen Kinder nicht
verletzt werden. 

Sind neben der Errungenschaft grosse Eigengüter vorhanden, kann jeder Ehegatte durch eine Verfügung von
Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) den überlebenden Ehegatten zusätzlich begünstigen, indem er die
gesetzlichen Erben (direkte Nachkommen oder Eltern) auf den Pflichtteil setzt. Damit kann er maximal fünf Achtel
respektive drei Viertel des Nachlasses dem überlebenden Ehegatten zukommen lassen. 

Ein Ehevertrag kann sehr gut mit einem Erbvertrag kombiniert werden. Die inhaltliche Gestaltung der Begünstigung
des überlebenden Ehegatten ist abhängig von den konkreten Vermögensverhältnissen. 

 

Anita Dähler-Engel, Rechtsanwältin, mit Spezialgebiet Zivilrecht, Strafrecht sowie Recht für KMU,
Anwaltsbüro Schlatter Aepli Partner, Kreuzlingen

 

 

Kündigung des Mietvertrages wegen Umbauarbeiten?

Das schweizerische Mietrecht setzt bei einer ordentlichen Kündigung des Mietvertrages keine besonderen Kündigungsgründe voraus. Mieter und Vermieter sind grundsätzlich frei, das (unbefristete) Mietverhältnis unter Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Fristen und Termine zu kündigen. Eine Schranke ergibt sich einzig aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Bei der Miete von Wohnungen und Geschäftsräumen ist eine Kündigung anfechtbar, wenn sie gegen diesen Grundsatz verstösst.
Allgemein gilt eine Kündigung als treuwidrig, wenn sie ohne objektives, ernsthaftes und schützenswertes Interesse und damit aus reiner Schikane erfolgt oder Interessen der Parteien tangiert, die in einem krassen Missverhältnis zueinander stehen. Der Umstand, dass die Kündigung für den Mieter eine Härte darstellt, genügt nicht für deren Ungültigkeit. Eine solche Härte ist aber hinsichtlich einer Erstreckung des Mietverhältnisses relevant. Bei einer mangelnden oder fehlerhaften Begründung der Kündigung wird in der Regel angenommen, es fehle an einem schützenswerten Interesse an der Kündigung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verstösst eine Kündigung des Mietverhältnisses, die hinsichtlich umfassender Umbau- oder Sanierungsarbeiten ausgesprochen wurde, nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, sofern durch die Umbau- oder Sanierungsarbeiten eine Weiterbenutzung des Mietobjektes erheblich eingeschränkt wird. Wenn die Vornahme der geplanten Renovierungsarbeiten durch das Verbleiben des Mieters im Mietobjekt nicht oder unerheblich erschwert oder verzögert würde, wäre eine Kündigung anfechtbar.
Die Beurteilung, ob das Verbleiben des Mieters die Umbauarbeiten erheblich erschweren oder verzögern würden, hängt von den ins Auge gefassten Arbeiten ab. Somit setzt die Gültigkeit der Kündigung voraus, dass der Vermieter im Zeitpunkt der Kündigung des Mietverhältnisses über ein genügend ausgereiftes und ausgearbeitetes Projekt verfügt. Aufgrund dieses Projektes soll es dem Mieter möglich sein, abzuschätzen,
ob die geplanten Arbeiten eine Räumung des Mietobjektes erforderlich machen.
In einem Entscheid aus dem Jahre 2015 stellte das Bundesgericht fest, dass im Zeitpunkt der Kündigung ein Projekt vorliegen muss, aufgrund dessen hinreichend konkret beurteilt werden kann, ob die Umbauarbeiten mit dem Verbleib des Mieters im Mietobjekt unvereinbar wären. Kann der Vermieter dies nicht belegen, hat dies die Anfechtbarkeit der Kündigung zur Folge.

Anita Dähler-Engel, Rechtsanwältin, Anwaltsbüro Schlatter Aepli Partner, Kreuzlingen


Wie lange muss ich für meine mündige Tochter Unterhalt bezahlen?

Meine Tochter, 25, hat nach vier Semestern das Medizinstudium abgebrochen und auf Psychologie umgesattelt.
Jetzt ist sie am Bachelor gescheitert und will Lehrerin werden. Wie lange muss ich noch Unterhalt zahlen?

Dauer der Unterhaltspflicht

Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegenüber seiner Eltern dauert grundsätzlich solange an, bis es eine
„angemessene Erstausbildung“abschliessen konnte. Dabei gilt die Matura beispielsweise nicht als Erstausbildung,
da sie noch keine Befähigung zu einer Berufsausübung vermittelt. Gerade bei Studierenden kann die
Ausbildung bekanntlich auch etwas länger dauern. Eine Altersgrenze bei der Unterhaltspflicht existiert nicht.
Die vielfach irrtümlich angenommene Altersgrenze von 25 Jahren ist gesetzlich nicht normiert.

Wann ist ein Unterhalt nicht zumutbar

Der sogenannte Volljährigenunterhalt muss aber den Eltern zumutbar sein. Die Zumutbarkeit bezieht sich einerseits
auf die finanzielle Situation der Eltern und andererseits auf die persönliche Situation zu dem zu unterstützenden
Kind. Finanziell zumutbar ist ein Unterhalt, wenn das Einkommen der Eltern höher ist als das Existenzminimum
plus einen Zuschlag von 20 Prozent. Persönlich nicht mehr zumutbar ist der Unterhalt, wenn ein Elternteil
ohne persönlichen Kontakt zum Kind zur „reinen Zahlstelle“ degradiert wird. Die Kontaktverweigerung muss aber
vom Kind ausgehen und die Eltern darf daran keinerlei Verschulden treffen. Das Kind hat im Gegenzug dazu
die Pflicht, selber zu seinem Unterhalt beizutragen, sofern eine Erwerbstätigkeit neben der Ausbildung möglich ist.
Zumutbare Einsparungen des Kindes, wie beispielsweise das Wohnen im Elternhaus, sind bei der Berechnung des
Unterhaltes ebenfalls zu berücksichtigen.

Eltern müssen auch Scheitern akzeptieren

Viele Studierende realisieren erst während der ersten Semester, dass ihnen die gewählte Studienrichtung nicht entspricht.
Ein Wechsel des Studienganges haben die Eltern hinzunehmen. Auch ein gelegentliches Scheitern eines Studierenden
bei Zwischenprüfungen lässt die Unterhaltspflicht nicht erlöschen. Solange ein Kind nicht grundsätzlich ungeeignet für ein
Hochschulstudium erscheint, muss ein etwas längerer Weg akzeptiert werden und die Unterhaltspflicht besteht weiter.

Anita Dähler-Engel, Rechtsanwältin, Anwaltsbüro Schlatter Aepli Partner, Kreuzlingen

 

 

Achtung auf Steuern bei Veräusserung von Aktien oder Stammanteilen

Soeben hat der Unternehmer sein kleines Familienunternehmen (GmbH) im Hinblick auf seine Pensionierung an
einen Mitarbeiter veräussert. Allgemein bekannt ist ja, dass der Kapitalgewinn aus Veräusserung von Stammanteilen
im Privatvermögen an einer GmbH (oder von Aktien) steuerfrei ist. Trotzdem erhält der Unternehmer einen Brief
der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Die Steuerverwaltung teilt mit, es liege ein Mantelhandel vor, eine faktische
Totalliquidation, was zur Besteuerung führe.

 

Mantelhandel

Um solche und ähnliche unliebsame Überraschungen zu vermeiden, sind bei der privaten Veräusserung der Mehrheit
von Unternehmensanteilen gewisse Eckpunkte zu beachten. Sonst ist der Verkaufserlös, soweit er den Nennwert der
Anteilsrechte übersteigt, als Einkommen zu besteuern. Die Unternehmung muss bei der Veräusserung aktiv gewesen
sein. Sobald eine inaktive Unternehmung veräussert wird, stellt sich die Frage des Mantelhandels. Ein solcher liegt vor,
wenn die Aktiven der Gesellschaft wirtschaftlich liquidiert oder in liquide Form gebracht worden sind. Weiter ist
notwendig, dass die Unternehmung auch nach dem Verkauf weitergeführt wird.

 

Indirekte Teilliquidation

Liegt kein Mantelhandel vor, ist darauf zu achten, dass der Käufer der Anteile die Kaufpreiszahlung nicht über
die Gesellschaft finanziert. Sonst wird der Ertrag beim Verkäufer besteuert. Ein solcher steuerbarer Ertrag aus
indirekter Teilliquidation wird angenommen, wenn die Anteilsrechte aus dem Privatvermögen in das
Geschäftsvermögen der Käuferin oder des Käufers überführt werden und die Finanzierung des Kaufpreises durch
Ausschüttungen der Gesellschaft erfolgt. Wenn die innert fünf Jahren nach dem Verkauf ausgeschüttete Substanz im
Zeitpunkt des Verkaufes bereits vorhanden, nicht betriebsnotwendig und handelsrechtlich ausschüttungsfähig
gewesen ist, und diese Ausschüttung zur direkten oder indirekten Finanzierung des Verkaufspreises verwendet wird,
ist von einem steuerbaren Vermögensertrag auszugehen.
In diesem Zusammenhang sollte auf eine entsprechende Klausel im Abtretungsvertrag geachtet werden. Zu denken
ist dabei an die Gefahr, dass der Käufer auch erst nach erfolgtem Kauf eine Finanzierung über die Gesellschaft
vornehmen kann. Die Steuerfolge kann also noch während fünf Jahren nach dem Verkauf eintreten.

 

Fazit

Es ist deshalb ratsam, rechtzeitig vor der Veräusserung von Gesellschaftsanteilen die Beratung durch Fachpersonen, beispielsweise Anwältin oder Anwalt, sicherzustellen.

 

Jürg Schlatter, Rechtsanwalt und öffentliche Urkundsperson, Anwaltsbüro Schlatter Aepli Partner, Kreuzlingen